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Jakobsmuschel und Sternenwegplakette

Am Dienstag der Wallfahrtswoche, dem 20. August 2024 wurde die Jakobsmuschel an der Kirche St. Josef Riegelsberg gesetzt und die Sternenwegplakette angebracht. Die Wallfahrtskirche St. Josef in Riegelsberg ist Pilgerstation auf den europäischen Wegen der Jakobspilger: Mainz – St. Wendel – Saarbrücken - Metz.

 

Die Ansprache unserer Gemeindereferentin Ursula Kern im Wortlaut:

Liebe Mitchristen!

„Die Route wird berechnet“
Eine meiner liebsten Einrichtungen in meinem Auto: mein Navigationsgerät ! Es gibt mir ein Gefühl von Sicherheit. Und wenn es dann noch heißt: 
„Sie haben das Ziel erreicht! Es befindet sich auf der rechten Strassenseite!“
Dann weiß ich, erleichtert, ich habe einen mir unbekannten Weg gemeistert, bin angekommen.
Mit einem modernen Navigationsgerät ist es heute einfach unterwegs zu sein. Seit 1983 soll es sich als erfolgreich erwiesen haben.
Bis dahin war es die gute Landkarte, die den Weg angab oder noch viel früher waren es die Sterne am Himmel, an denen man sich orientierte. Für die Menschen der Bibel die einzige Orientierung. 
Das Unterwegssein steckt dem Menschen in den Genen. Seinem Wesen nach ist er lebenslang unterwegs: „Er beginnt seinen Lebens - Weg, ohne gefragt worden zu sein, ob er will. Und er läuft seine Bahn bis zum Tod, den er ebenfalls nicht in der Hand hat. Dazwischen gibt es Stationen, die er bewältigen muss, oft aber nur mit fremder Hilfe bewältigen kann“ 
Menschen sind unterwegs, soweit man in die Geschichte zurückblickt.
"Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt…", so beginnt ein bekanntes deutsches Volkslied, Joseph von Eichendorff. "Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen." Das wusste schon Goethe.
Vom Unterwegssein erzählt die Bibel von den ersten bis zu den letzten Seiten: Die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies nach dem Sündenfall oder von dem eben   in der Lesung gehörten gottgesegneten Aufbruch Abrams und seiner Frau Sara .Das Exodus-Buch erzählt vom Aufbruch des auserwählten Volkes unter Mose in die Freiheit, vom Bundesschluss mit Gott und dem Weg ins gelobte Land. In der wechselvollen Geschichte Israels wird das Volk über die Länder hinweg zerstreut. In dieser Situation entstand die Frage: Wie können wir im Unterwegssein unter fremden Völkern unsere Identität, unseren Glauben bewahren? So entstand die Pilger- und Wallfahrtstradition: Der Jerusalemer Tempel wurde zu einem Wallfahrtsort, zu dem Zentrum, an dem sich die Gläubigen getroffen haben in Gemeinschaft, um ihren Glauben zu feiern. Davon legen die Wallfahrtspsalmen (vgl. Ps 84; 120–134) Zeugnis ab. Die etwa  14 Psalmen dienten den Gläubigen als Gebet auf dem Weg nach Jerusalem. Beispielhaft ist Psalm 122, der König David zugeschrieben wird, und in dem er singt: Ich freute mich, als man mir sagte: Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern.
Es ist zu vermuten, dass auch Jesus diesen Psalm mitgesungen hat, wenn er zum Pesach- und Laubhüttenfest nach Jerusalem hinaufgezogen ist, wo er schon mal als 12Jähriger zurückgeblieben ist.  
Überhaupt: Das Leben Jesu ist ein Unterwegssein von Anfang an. Schon die Geburt Jesu ist von Weggeschichten umrankt: Magier folgen dem Stern, der sie zum Kind in der Krippe lenkt. Es folgt die Flucht der heiligen Familie vor den Häschern Herodes nach Ägypten und ihre Rückkehr nach NazarethEr selbst bezeichnet sich einmal als heimatlos: Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.
So liest sich das öffentliche Leben und Wirken Jesu bei allen vier Evangelisten wie Weg- und Pilgergeschichten, die ihn von Galiläa nach Jerusalem führen. 
Unterwegs erzählt er den Jüngern die Gleichnisse vom Reich Gottes, lässt sie an seinem wunderbaren Wirken teilhabne und stimmt sie auf ihre zukünftige Sendung ein. 
Unterwegs erfährt er die Gastfreundschaft von Menschen wie Maria und Martha 
Unterwegs heilt er Kranke und Besessene und holt Ausgestoßene wie Zachäus in seine Gemeinschaft zurück . 
Und das Ziel seiner Reisen als Wanderprediger  ist Jerusalem; beginnend mit dem Einzug in die Stadt, gefolgt vom letzten Abendmahl bzw. Abschiedsmahl, den Weg durch den Ölgarten bis zur Kreuzigung auf Golgota als grausamen Schlusspunkt seines irdischen Lebens. 
Besonders das Evangelium nach Lukas und seine Apostelgeschichte ist vom Leitgedanken des Weges beeinflusst:  von der Kindheitsgeschichte bis zu den Begegnungen des Auferstandenen mit den Frauen, den Aposteln und Jüngern. Dabei ist gerade die Emmausgeschichte ein besonderer Glanzpunkt der Wegerzählungen nach dem Evangelium von Lukas. Jesus ist der, der unerkannt mitgeht und das Brotbrechen zu einem  Erkennungsmerkmal macht.
 In der Apostelgeschichte bezeichnet Lukas die gläubig gewordenen Christinnen und Christen als „Menschen des neuen Weges“.
Am Ende des Matthäusevangeliums, das wir eben gehört haben, ereignet sich die Begegnung mit dem Auferstandenen nicht in Jerusalem, sondern in Galiläa, wo das öffentliche Wirken Jesu seinen Anfang genommen hatte. Hier trifft er die Jünger, um sie zur Mission in seinem Geist zu beauftragen und in die Welt zu senden 
Der Weg Jesu ist also nicht zu Ende. Seine Jünger, wir sind beauftragt, ihn fortzusetzen. Wir sind nicht  nur passive Empfänger sind, sondern seine aktiven Boten, die ebenfalls unterwegs sind .
Jesu Jünger hatten keinen festen Wohnsitz, keine Landkarte, die ihnen den Weg zeigte und erst recht kein Navi. 
Was sie hatten, war viel kraftvoller:  Sie hatten den Auftrag Jesu, den heiligen Geist, der sie geleitet hat und ein brennendes Herz für die Menschen, die ihnen begegnet sind. „Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“.  
Als der jüdische Tempel im Jahr 70 zerstört wurde, da lässt der Verfasser des Joh. Evangliums Jesus sagen: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Die Nachfolge Jesu wird zum Wallfahrtsziel.
Deshalb spricht der Hebräerbrief  vom pilgernden Volk Gottes, in dem das Himmlische Jerusalem als Ziel irdischer Wallfahrt uns vor Augen gestellt wird.
Von Anfang an also scheint es zum Selbstverständnis der Christen dazugehört zu haben, sich auf dem Weg zu wissen. 
Niemals wäre das Evangelium, die "Frohe Botschaft", bis an die Grenzen der Erde gelangt, wenn sich nicht immer wieder Menschen auf den Weg gemacht und allen Gefahren getrotzt hätten.
Übrigens: Wenn die Bibel von Gottes Gegenwart, von seinem "Wohnen" unter den Menschen spricht, findet sich übrigens im Urtext eigentlich das Wort "Zelten". Ich finde diese Vorstellung sehr ermutigend: Wohin auch immer unsere Wege uns führen, Gott ist mit uns unterwegs . Und wo auch immer wir Station machen, da schlägt auch er sein Zelt mitten unter uns auf! Ein Zelt kann schneller abgebaut und wieder aufgebaut werden und das eigentlich an fast allen Orten!
Und es gilt das Herrenwort: ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt
In diesem Vertrauen sind wir als Glaubende unterwegs, nicht nur auf kartografierten, geografischen Wegen und  Orten, sondern auch zu uns selbst und eben letzten Endes zu Gott.  
Bis zu seinem letzten Atemzug bleibt der Mensch immer ein Wanderer, ein Pilger, ein Wallfahrer. Menschen der Bibel, ja Jesus selbst haben es uns vorgemacht.. 
Unser Lebensweg, unser  Glaubensweg  ist also etwas Dynamisches, nämlich das Sicheinlassen des ganzen Menschen auf Gott – auf jenen Gott, der sich über Jahrtausende verlässlich als der „Ich-bin-da” erwiesen hat – in schwierigen wie in schönen Zeiten. Ein Gott der mitgeht in allen Zeiten, in allen Lebenslagen. Für unseren Lebensweg, für unseren Glaubensweg- da gibt es kein GPS, kein Navigationsgerät. Wie heißt es in der letzten Strophe unseres Liedes „Ein Haus voll Glorie schauet“ : „Sein wandernd Volk will leiten der Herr in  dieser Zeit, er hält am Ziel der Zeiten dort ihm sein Haus bereit.“ Dann erst heißt es: Sie haben ihr Ziel erreicht.

Impressionen